Aufruf zu internationalen gewaltlosen Protesten am 15. Oktober 2011

Zu etwas anderen Protesten, als sie derzeit in England stattfinden, ruft die spanische Demokratiebewegung «Democracia Real Ya!» (Echte Demokratie jetzt!) für den 15. Oktober auf. Sie hat mehrfach bewiesen, dass sie es mit der Gewaltlosigkeit ernst meint – und trotzdem Erfolge gefeiert. Hier der Aufruf der Bewegung in originalgetreuer Übersetzung:

Internationale Mobilisierung am 15. Oktober

Am 15. Oktober werden wir Bürgerinnen und Bürger der ganzen Welt auf die Strasse gehen, um unsere Empörung über den Verlust unserer Rechte zu zeigen – Rechte, die uns durch ein Bündnis zwischen grossen Unternehmen und der politischen Klasse entzogen werden. Wir von der Bewegung «Democracia Real Ya!» laden euch ein, an dieser friedlichen internationalen Protestaktion teilzunehmen, indem ihr euch unserem Aufruf anschliesst oder indem ihr eure eigenen Aufrufe für dieses Datum erlässt. Es ist der Augenblick gekommen, die Stimme zu erheben. Unsere Zukunft steht auf dem Spiel, und niemand kann der Kraft von Millionen von Menschen trotzen, wenn sie sich in gemeinsamer Absicht vereinen.

«Democracia Real Ya!» ist eine spanische Koordinationsplattform von unterschiedlichen Gruppen zur Mobilisierung von Bürgerinnen und Bürgern. Unter der Devise «Wir sind keine Marionetten in den Händen von Politikern und Banquiers» gingen wir am 15. Mai zu Tausenden auf die Strasse, um mehr demokratische Teilhabe zu fordern, uns gegen die Korruption des politischen Systems aufzulehnen und unseren Einspruch gegen die Kürzungen im Sozialbereich zu bekunden. Nach dem Erfolg dieser ersten Kundgebung entstanden unterschiedliche Bewegungen, und auf vielen Plätzen des ganzen Landes wurden Zeltlager aufgebaut, ganz ähnlich der ersten Besetzung des Tahrir-Platzes in Kairo. Dort wurden Volksversammlungen durchgeführt, wo die BürgerInnen ihre Ziele in einem horizontalen, alle Anwesenden einschliessenden Entscheidungsprozess entwickelten. Die Bewegung 15M strahlte bald über die Landesgrenzen hinaus und ermutigte in vielen Städten der Welt zu Aktionen, darunter am vergangenen 19. Juni zu einer koordinierten Massenkundgebung gegen den Euro-Pakt.

Unter dem Druck der Finanzherrschaft arbeiten unsere Regierenden zugunsten ein paar weniger, ohne sich um die sozialen, menschlichen und ökologischen Kosten zu kümmern, die dadurch entstehen können. Die herrschenden Klassen rauben uns das Rechts auf eine freie und gerechte Gesellschaft, indem sie Kriege mit wirtschaftlichen Zielen führen und ganze Völker ins Elend stürzen.

Deshalb laden wir euch ein, euch diesem gewaltlosen Kampf anzuschliessen, indem ihr die Botschaft verbreitet, dass wir gemeinsam diese unannehmbare Situation ändern können. Nehmen wir uns die Strasse am 15. Oktober! Es ist Zeit, dass sie uns zuhören. Gemeinsam werden wir unsere Stimmen erheben.

Original in spanischer Sprache

Comments

  1. 15. Oktober – Vereinigt für einen weltweiten Wandel
    Wunderbar: das Datum steht, der Ort auch: weltweit! Auch über den Inhalt herrscht Einigkeit: gegen das System – wir sind keine Ware.
    Aber was wollen die Initiatoren mit „friedlichem Demonstrieren“ erreichen, mit „gewaltfreiem Protest“?
    Werden die Afghanen die westlichen Eroberer wieder los, indem sie „friedlich protestieren, reden und organisieren, bis sie es geschafft haben“? Was für ein Scheiß: Lybier, protestiert friedlich und redet!
    Sind diese Initiatoren noch zu retten? Wollen sie wirklich was ändern?
    Nichts gegen gewaltfreien Widerstand! Aber wir müssen endlich auch andere Formen des Widerstands in Betracht ziehen und zulassen: Eine Festlegung auf Gewaltfreiheit ist ist spalterisch und spielt den Herrschenden in die Hände! Nichts konnte in den letzten Dekaden friedlich durch Reden und Organisieren verhindert werden: Atomkraft, Sozialabbau, Korruption, Überwachung, militärische Überfälle auf andere Länder… Die Liste lässt sich noch lange fortsetzen.
    Und ausgerechnet, wenn´s ans Eingemachte geht, soll „friedlich und gewaltfrei“ das Mittel der Wahl sein? Tolle Wurst!

    »Protest ist, wenn ich sage, das und das passt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, dass das, was mir nicht passt, nicht länger geschieht.« Ulrike Meinhof

    • Keine Frage, Gewalt ist das falsche Mittel, um grundlegende gesellschaftliche Veränderungen zu erzielen. Das zeigt schon die Geschichte: so viel Gewalt und so wenig Veränderung hin zum Menschlichen! Gewaltlosigkeit hingegen ist die Methode des freien (und sich befreienden) Menschen. Aber Achtung: Gewaltlosigkeit heisst nicht Wehrlosigkeit, Passivität und Tatenlosigkeit, wie du suggerierst. Nein, Konflikte sollen nicht vermieden, sondern durch gewaltfreien Widerstand geregelt werden. Wesentliches Element der Gewaltfreiheit ist das Erlernen von Methoden der friedlichen Konfliktbearbeitung.

      Gewalt entspringt der Kultur der Höhlenbewohner. Sie ist ein uraltes Prinzip, das sich längst ad absurdum geführt hat. Die Gewaltfreiheit entspringt der Kultur des freien Menschen und ist die einzig zukunftstaugliche Methode der Konfliktbewältigung.

    • everyjonny says:

      Das kommt doch ganz auf die Kultur an in der man lebt und gegen was für ein System man sich aufschwingt, so ist es in europäischen Ländern sicherlich nicht gut Gewalt anzuwenden. Wir werden weder von der Polizei erschossen , noch kann sonst was wirklich schlimmes passieren wenn man sich friedlich gegen das System aufschwingt, ganz anders sieht es bei Gewalt aus wo man gleich als eher Politische Radikale oder sogar Terrorist bezeichnet wird mit den rechlichen Konsequenzen. Außerdem leben wir ja in Demokratien , es sind sich sicherlich so ziemlich alle einig das das System so wie es ist geändert werden soll und nicht zerstört, wie es bei so vielen gewalttätigen Revolutionen der Fall war.

  2. Heute steht ein guter Artikel von Heribert Prantl in der SZ-online:

    Zitat:“Proteste in aller Welt Heiliger ZORN DER JUGEND
    Die englischen Unruhen hatten einen Fehler: Sie mündeten in sinnlose Randale. Die Blödheit der Randalierer hat es der Regierung erleichtert, in der eigenen Dummheit zu verharren. So leicht machen es die jungen Demonstranten im Rest der Welt ihren Regierungen nicht. Sie demonstrieren friedlich für eine Demokratie, die ihrem eigenen Anspruch gerecht wird: gemeinsam die Zukunft zu gestalten. “

    weiter: SZ-online
    http://www.sueddeutsche.de/politik/proteste-in-aller-welt-heiliger-zorn-der-jugend-1.1133140

    • Danke, spoxx, für den Hinweis!

      Randalierten die Jugendlichen in London aus Blödheit? Wohl kaum. Eher vielleicht aus Verzweiflung – und weil ihnen das Repertoir, vielleicht schon auch die Bildung, fehlt, ihrer Empörung anders Ausdruck zu verleihen. Sonst ist der Artikel ok …

      Gruss – Walter

      • Dein Vorbehalt gegen die Ausdrucksweise ist natürlich völlig berechtigt. Man sollte anderen Menschen nicht Blödheit unterstellen. Das ist nur verletzend.

        Aber so wie ich Heribert Prantl kenne, will er damit nicht die protestierenden Personen kränken; er meint es nicht persönlich.
        Im bairischen gibt es die Redewendung „…die ham sich aber blöd angestellt…“ – so ist das glaube ich gemeint. Prantl zielt gegen die „Strategie“ der Proteste, so es denn in London eine gab.
        Hätten sich die Leute dort „klüger“, nämlich gewaltfrei verhalten, hätten die Proteste politische Wirkungskraft entfalten können.

        Schönen Sonntag noch!
        :)spoxx

        • Ja, und vielleicht hat Herbert Prantl ja den Randalierern Blödheit unterstellt, um die «Dummheit» der britischen Regierung rhetorisch einzubetten. Obschon auch dies meines Erachtens nicht wirklich Dummheit ist, sondern eher ideologische Verblendung – was ja vielleicht auf dasselbe herauskommt …

          • soviel ich weiss, waren es nicht die wirklichen demostranten!! sondern hooligans die von Lobbyisten,etc. angestiftet wurden sich unter die demostranten zu mischen und sie zur gewalt zu treibe..

  3. Ich habe via facebook von diesem Aufruf erfahren. Am 15. Oktober 2011 wird eine entsprechende Veranstaltung in Bremen stattfinden.
    http://www.facebook.com/event.php?eid=250541318309454 (fb login erforderlich)

    Nun sitze ich hier in München und finde es wäre schön, wenn ich an diesem Tag auch in München an einer entsprechenden Veranstaltung teilnehmen könnte. Ich finde, es ist richtig, die Proteste über die nationalen Grenzen hinaus auszuweiten, denn es betrifft die Menschen in ganz Europa.

    Vielleicht kennt ja jemand Personen in München, die eine Kundgebung „Echte Demokratie jetzt“ am 15.Oktober 2011 veranstalten (wollen).
    Für Kontaktinfos wäre ich sehr dankbar!

  4. Vielen Dank für das Bekanntmachen des Aufrufs!
    Grüße aus Südtirol
    S.

  5. Ruben Makrologistiker says:

    Eure gemeinsame Absicht gegen die selbstreferentiellen Kräfte vom Kapital aufzubegehren, gegen den Klimawandel vorzugehen, für eine bessere Möglichkeit sich im Dasein einzubringen oder (vereinfacht) für eine bessere Welt auf die Strasse (wie 1989 bei den Montagsdemos) zu gehen, hat meine Unterstützung (www.mr-market.info).
    Allerdings demonstriere ich nicht für eine bessere Welt; ich versuche die bestehende Welt zu verstehen, teile das Wissen und ziehe aus meinem Verständnis die Konsequenz.

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