Auf den Spuren hinduistischer Pilger

Dann hiess es Abschiednehmen von Auroville, Abschiednehmen vom ewigen roten Staub, der dich bis ins Innerste deiner Seele einpudert – naja, nicht ganz bis ins innerste Heiligtum der Seele, aber fast –, es hiess Abschied nehmen von Kuyilappalayam, dem einzigen tamilischen Dorf, das ich wirklich kennen gelernt habe, und es hiess natürlich Abschiednehmen von Murugan and family

Von nun an ist real India angesagt: das Indien, an das man sich als Europäer nicht so leicht gewöhnt, das einen aber, hat man sich denn daran gewöhnt, nicht mehr so leicht loslässt. Wobei anzumerken ist, dass es – bei der Grösse des Landes wenig verwunderlich – ganz viele verschiedene Indien gibt. Und Tamil Nadu und Kerala, von denen hier die Rede ist, sind nur zwei von 29 Bundesstaaten, die allesamt unterschiedlicher nicht sein könnten. Auch Tamil Nadu und Kerala unterscheiden sich in ihrem Charakter, in ihrer Landschaft, den Menschen, der Sprache, der Kultur und Geschichte, ja, im Entwicklungsgrad wie Tag und Nacht.

Wir sind zu viert im Auto unterwegs: Beat und Gabi, Eric und ich. Im Auto zu reisen, ist in Indien für mich als Rollstuhlfahrer die komfortabelste Art – um nicht zu sagen, die einzig sinnvolle. Natürlich ist das etwas anderes, als im überfüllten Bus durchs Land zu bolzen, und selbstverständlich entgehen einen dadurch ein paar typische Erfahrungen von Indienreisenden, Erfahrungen, von denen mir allerdings nicht klar ist, ob ich sie in aller Ausführlichkeit wirklich haben möchte … Ich bin’s also ganz zufrieden, wie wir reisen, zumal wir Selbstfahrer sind, also nicht mit einem Taxifahrer unterwegs sind, was uns viele Freiheiten beschert, etwa dass wir unterwegs picknicken können.

Trichy

Erste Übernachtung ist in Tiruchirapally, kurz Trichy, der fünftgrössten Stadt Tamil Nadus mit 850`000 EinwohnerInnen. Die Stadt steuern wir an, weil sie auf halbem Weg Richtung Rameswaram liegt, dem vielleicht wichtigsten Ziel unserer Reise durch Südindien. Im Norden von Trichy gibt es auf einer Flussinsel die Tempelstadt Srirangam mit dem gleichnamigen Tempel, einer quadratischen Anlage von fast einem Kilometer Seitenlänge. Je tiefer wir ins Innere dieses Tempelgevierts vordringen, umso mehr Menschen sind unterwegs. Es wird ganz schön eng. Ab einem gewissen Punkt haben Nichthindus keinen Zugang mehr. 

Es wird eng auf dem Weg zum Srirangam-Tempel.


Schon mehrfach habe ich Tempelbesuche beschrieben – und was sie mit mir machen. In grossen Tempeln lebt eine unglaubliche Fülle: an Düften, an Formen, an Farben, auch an verschiedensten Menschen – an Leben überhaupt. Natürlich gibt es auch andächtige Orte und Momente, Augenblicke der Stille und Meditation. Doch daneben schwelgt das diesseitige Leben in einer unglaublichen Überfülle. Dort wird gehandelt und gefeilscht, gebettelt und wohl auch geflucht. Das Leben in all seinen Facetten ist willkommen. Erstaunlich für eine Religion, die in ihrer Essenz doch stark aufs Jenseitige verweist und das Diesseitige eher flieht! 

Rameswaram

Zwischen Südindien und Sri Lanka muss es einst eine Landbrücke gegeben haben. Auf deren Überresten, eine dem Festland vorgelagerten Insel, liegt Rameswaram. Schon geografisch ist das ein höchst interessanter Ort, spitzt sich die Insel doch Richtung Sri Lanka zu einer äusserst schlanken Nadel zu, die bis zur Spitze befahren werden kann, die letzten Kilometer allerdings nur in dafür bereitgestellten Bussen. Dort, an der äussersten Spitze der Insel, liegt die verlassene Ortschaft Dhanushkodi. Ein Wirbelsturm zerstörte vor bald siebzig Jahren den Ort fast vollständig. Die wenigen intakt gebliebenen Gebäude, darunter eine Kirche, bilden heute eine Touristenattraktion.

Die Insel ist über die Pamban-Brücke mit dem Festland verbunden. Auf der zweispurigen Brücke herrscht so etwas wie ein Halteverbot – und alle halten an und steigen aus, um vor der Weite des offenen Meeres ein Selfie zu knipsen. Dazwischen einzelne Polizisten, die das dadurch entstehende Chaos auf der Brücke zu entschärfen versuchen.

Die über 2 km lange Pamban-Brücke (Bild CC-Lizenz via Wikipedia: Clt13

Rameswaram ist auch ein heiliger Ort und deshalb voller Pilger, die hier den Tempel besuchen und verschiedene rituelle Waschungen vornehmen, ebenso im Tempel wie im Meer. Die meisten sind in schwarze Tücher gehüllt. Man erkennt sie deshalb leicht. Sie kommen zu Tausenden in Bussen und Sammeltaxis, vereinzelt auch zu Fuss. Viele sind euphorisch, weil sie nach einer langen Reise endlich hier in Rameswaram, dem heiligen Ort, angelangt sind. Rund um die Pilger ist ein vielfältiges Gewerbe entstanden, das industrielle Züge trägt. Die vielen Pilger müssen ernährt, untergebracht und oft auch neu eingekleidet werden, weil sie ihre alten Kleider, sinnbildlich für ihr altes Leben, ins Meer werfen.

Kanyakumari
Dritte Station ist das südliche Ende Indiens. Wild brandet das Meer ans Kap Komorin, dem Südzipfel Südindiens. Es ist deutlich wärmer geworden. Die Fahrt hierhin dauerte über sechs Stunden und führte durch trockene, ärmliche Gegenden, weiter durch ein Gebiet, wo Salz angebaut wird – ja, angebaut: In Meeresnähe wird in flache, rechteckige Becken, den sogenannten Salzgärten, Salzwasser gepumpt, das dann verdunstet. Mit der Zeit blüht das Salz aus und wird geerntet. Soweit so gut und bekannt. Erstaunlich ist nun die Ausdehnung dieser Salzgärten rund um die Städte Thoothukudi und Tiruchendur. Bestimmt eine Stunde, wenn nicht länger fuhren wir durch eine Gegend, die von der Salzwirtschaft geprägt war. Von oben sieht das so aus:

Gleich an diese «Salzgegend» schloss – in ihrer Dimension nicht weniger beeindruckend – die Muppandal Windfarm an mit Tausenden – ja, Tausenden – recht modernen Windrädern. Laut walkthroughindia.com erzeugt dieser Windpark mit 1’500 MW indienweit die höchste Leistung. 

Ein kleiner Teil des Windparks von Muppandal (Quelle: http://www.gineersnow.com)


Auch in Kanyakumari gibt es unzählige Pilger – und ein entsprechendes Gewerbe, etwa einen Markt entlang der Promenade, an dem von unzähligen Händlern im Wesentlichen dieselben Dinge verkauft werden: billige Kleider, Reisetaschen, chinesischer Plastikramsch. Hier ein Stimmungsbild davon kurz nach dem Eindunkeln:

Auf den vorgelagerten Felsen stehen Denkmäler, die für einmal nicht indischen Politikern oder Gottheiten gewidmet sind, sondern Dichtern und Philosophen. Bemerkenswert! Die riesige Statue stellt den tamilischen Dichter Tiruvalluvar dar. Das Monument links davon ist dem indischen Philosophen Vivekananda gewidmet.

Varkala

Als letzte Station vor Kuzzhupilly steuern wir den Touristenstrand Varkala an. Hier gibt es keine Pilger mehr, dafür einige westliche Touristen. Über einem nicht allzu weitläufigen Strand liegt ein fast überhängendes Kliff voller Restaurants, Shops und kleiner Hotels. Die von westlichen Indienfreaks und Backpackers geprägte Vergangenheit ist hier noch deutlich spürbar.

Zwei Touristen über dem Strand von Varkala.

Warum es mich immer wieder nach Südindien zieht

Liebe Barbara

Du fragst mich, was es denn sei, das mich immer wieder nach Südindien zieht. Dir dafür handfeste, belastbare Gründe zu nennen, die auch morgen noch gelten, ist gar nicht so einfach. Ist es der Duft von Jasmin, der frühmorgens durchs offene Fenster in mein Zimmer dringt, mich aus dem Schlaf küsst und gleich zu Beginn mit dem Tag versöhnt, auch wenn ich die Traumwelt nur äusserst ungern verlasse? Oder sind es die Klänge einer mir fremden Musik, die der Wind beim Eindunkeln jeweils heranträgt, mal betörend sanft, als käme die Musik aus anderen Sphären auf unsere Erde nieder und verzauberte sie, dann wieder aufdringlich scheppernd, als stünden nicht allzu weit entfernt ein paar altersschwache Lautsprecher, die ihr Bestes geben. Beides, der Jasminhauch am Morgen und die verstörend-betörenden Klänge bekommen jedoch erst durch die südliche Wärme ihre Kraft, ihren Charme. Eine milde Wärme, die dich umschmeichelt und das Sein erleichtert.

Bild: Market Scene in Mysore, von Rainer Voegeli, CC-Lizenz via flickr

Bedenkt man die viele Widersprüche hier in Indien, das Unzulängliche vielenorts, bedenkt man auch das echt Beklagenswerte, das einen vielenorts entgegenspringt, könnte man an Indien verzweifeln und ihm den Rücken kehren. Bei mir ist das Gegenteil der Fall. Und da komme ich in echte Erklärungsnot. Die indischen Zumutungen faszinieren mich. Oder vielmehr: Wie die Menschen hier mit den Zumutungen ihres Alltags umgehen, ist schlicht grandios. 

Ein Beispiel: Im November 2016 wurde über Nacht in ganz Indien ein guter Teil des Bargelds für ungültig erklärt und durch neue Noten ersetzt, angeblich um gegen das viele Schwarzgeld vorzugehen. Ausgerechnet! Die informelle Wirtschaft läuft ausschliesslich über Bargeld und macht in Indien den grössten Teil der Gesamtwirtschaft aus. Den einfachen Leuten wurde förmlich der Teppich unter den Füssen weggezogen. Ihre Reaktion: Sie stehen geduldig bei den Geldautomaten an, um sich neue, gültige Noten abzuholen. Wo ein Automat solche ausspuckt, bilden sich lange Schlangen bis auf die Strasse hinaus. Kurze Zeit später ist er leer. Kein Murren, keine Proteste. Vielmehr schickt man sich ins scheinbar Unvermeintliche. Schliesslich tragen alle dasselbe Schicksal – und tun es in Würde. 

Ich kann mir nicht helfen: Das Leben scheint mir hier echter, grundsätzlicher, wesentlicher. Es ist, wie wenn Indien am Anfang eines Prozesses stünde – trotz seiner Kultur, die direkt an Urzeiten anknüpft –, den Europa bereits hinter sich gebracht hat und nun an dessen Ende steht. Das gilt natürlich auch für die wirtschaftliche Entwicklung – aber nicht nur. Und die Menschen können strahlen und lachen, dass einen das Herz aufgeht. Man nimmt sich wahr, man kümmert sich. Das ist keine Absage an Europa. Das ist ein Plädoyer für Indien. 

Du siehst, liebe Barbara, es gibt ganz unterschiedliche Gründe und Motive, weshalb ich immer wieder hier in Südindien lande. Ein wichtiger Grund ist natürlich auch Auroville. Ohne diesen wunderbaren Ort der Ruhe und des Strebens, des Suchens und des Aufbruchs wäre ich wohl nie nach Südindien gekommen. Auroville bietet mir Schutz und einen gewissen Komfort. Ich kann mich hier im Rollstuhl weitgehend selbständig bewegen. Und die Umgebung, der Spirit des Ortes, regt mich auch zur inneren Suche an.


Bild: Unterwegs in Auroville

Zum Jahresende: Wort und Bild aus Südindien



Der Wald der tausend Wege

Auroville ist neben vielem anderen auch einfach ein grosser Wald, durchkreuzt von ein paar wenigen befestigten Strassen und einige Sandpisten. Was ihn besonders macht, diesen Wald, sind die Tausenden Wege und Pfade, die ihn als feines Netz durchziehen. Dieses feingesponnene Netz könnte Ausdruck einer Verbindung und einer Verbindlichkeit im Sozialen sein, die dem allgegenwärtigen Konkurrenzdenken diametral entgegensteht. Aurovilles Wald als Auffangnetz der im freien Fall befindlichen Gegenwart?  Übertrieben, bestimmt! Aber ein Lichtblick ist Auroville allemal.

Bilder- und Götterflut

Hinduistische Tempel bilden nichts weniger als den gesamten Kosmos ab. So jedenfalls der Anspruch. Deshalb ist deren Bilderflut geradezu überwältigend. Sie sind eine opulente Graphic Novel der Götterwelt in 3D, ein üppiger göttlicher Comic, der auch von Menschen gelesen werden kann, die nie zur Schule gingen. Bei hinduistischen Tempeln geht es nicht um Dekoration. Es geht um Illustration.

Bettlerin an der Tempelmauer in Tiruvannamalay

Tempel sind auch Zonen, wo BettlerInnen wohlgelitten sind und wohl auch ein besseres Auskommen haben. Im und um den Tempel fallen besonders viele Brosamen vom Tisch, weil sich an diesem Ort, unter dem unmittelbaren und strengen Blick der Götter das Karma der SpenderInnen besonders wirksam verbessern lässt. 

TempelbesucherInnen

Keine Bettler, sondern wir: Eric, Murugan, Muthulakshmi (hintere Reihe) und ich, Walter. Ja, auch wir haben unser Karma im Tempel von Tiruvannamalay mit Hilfe der BettlerInnen aufbessern können … (Ist jetzt nicht so zynisch gemeint, wie es daherkommt. Doch es gibt nunmal Bettler in Indien. Und wir sind nunmal in Indien. Und man ist als Indienreisender gezwungen, immer wieder von neuem gezwungen, zu Armut und Bettelwesen Stellung zu nehmen – nicht verbal und auch nicht intellektuell, sondern in seinem Tun. Eine Herausforderung, der man in Indien nicht ausweichen kann, Es sei denn, man meidet Indien – aber auch viele andere Länder. Eigentlich die meisten Länder dieser Erde.)

Fischerboote am Strand von Periyarmudaliarchavadi

Unweit von Auroville liegt an der Küste ein ärmliches Fischerdorf mit obigem Namen. Jeweils frühmorgens fahren die Fischer aufs Meer hinaus und kehren nach Tagesanbruch wieder zurück. Die Fischgründe sind dem Vernehmen nach recht gut, verhelfen den meisten Fischern und ihren Familien aber nicht aus der Kargheit ihres Lebens. Unbill droht vom Meer, das immer hemmungsloser an der Küste nagt, Strände frisst und schon manchen Bewohner gezwungen hat, sein Haus aufzugeben, das zu nahe am gefrässigen Meer gebaut war. 

Fledermausohraffe

Auf unserer Fahrt nach Tiruvannamalai eine neue Affenart entdeckt: den Fledermausohraffen. Er hält sich bevorzugt in leicht erhöhten Lagen auf und zeichnet sich durch seine besondere Neugierde aus – und durch seine grossen, durchscheinenden Lauscher. Keine Frage: Er muss mit dem Menschen und der Fledermaus verwandt sein. Wobei letztere Verwandschaft mittels DNA-Analyse noch bestätigt werden muss. 

Alles Liebe und Gute im neuen Jahr!

Erste Tage in Auroville

Die ersten Stunden, die ersten Tage hier in Auroville fühlen sich wunderbar an – wie wenn ich nach Hause käme. 

Doch der Flug und die anschliessende Taxifahrt von Chennai nach Auroville hatten es in sich: Der Umstieg in Muscat, Oman – wir hatten bereits sechseinhalb Stunden Flug hinter uns – verlief chaotisch und  wäre fast gescheitert: Wir wurden angewiesen, in einem Wartebereich für Behinderte und Gebrechliche zu warten, die übliche Sonderroutine. Doch als der Zeitpunkt immer näher rückte, wo wir hätten einsteigen müssen, passierte einfach nichts. Endlich gelang es mir, einen der Verantwortlichen anzusprechen, die inzwischen wie aufgescheuchte Wespen herumschwirrten: «Just wait!» war ihre kurze Antwort. Zum Verzweifeln … Erst in letzter Minute wurden wir – eine gebrechliche ältere Dame, ein ebensolcher Herr und ich, je mit Begleiter – ins Flugzeug gebracht, das bereits voll besetzt war und auf den Abflug warteten. Solche Situationen liebe ich … Die letzten sechs freien Plätze für uns waren wild über alle Sitzreihen verstreut. Einige Passagiere mussten umplatziert werden, damit wir zusammen sitzen konnten. Wie Sardinen waren wir eingepfercht, und das fast vier Stunden lang. 

Ankunft in Chennai

Überraschend reibungslos hingegen verlief die Ankunft in Chennai. Sogar mein eigener Rollstuhl wurde hergebracht, so dass es mir erspart blieb, in eines der Ungetüme steigen zu müssen, die vom Flughafen gestellt werden. Das ist wichtiger, als sich die Leserin, der Leser vielleicht vorstellen können. In einem solchen Panzer von Flughafen-Rollstuhl verliere ich jegliche Autonomie und bin zu weitgehender Passivität verurteilt. Man fühlt sich ein bisschen wie ein Stück Dreck auf vier Rädern. Drum war ich sehr froh, dass ich direkt in meinen eigenen Rollstuhl steigen konnte. So fühlte ich mich ganz.  

Verstörend die ersten Eindrücke auf der Taxifahrt: Unzählige Bäume hatten den Zyklon Vardah nicht überlebt und lagen am Strassenrand. Tausende gefällte oder gekappte Bäume sahen wir auf der Fahrt entlang der Küste Richtung Süden. Das Laub hing noch frisch an den Ästen. Plakate und Fassadenverkleidungen, Bauabschrankungen und Blachendächer: alles zerfetzt, so dass die städtische Infrastruktur noch heruntergekommener wirkte als sonst schon. Anderseits – und das beelendete mich fast noch mehr – boomt Chennai wie viele andere indische Städte in einer fast schon beängstigenden Weise: Gigantische Gebäudekomplexe werden hochgezogen, laut unserem Taxifahrer alles «IT-Farms». Gleich daneben entstehen Wohnsilos für die Angestellten, die sich in der Bauart kaum unterscheiden. Das alte Indien geht vor die Hunde. Und es dünkt einen, die Menschen sind stolz drauf.

Bargeldfreies Auroville 

Erst nach einer Stunde Fahrt sieht man keine Sturmschäden mehr. Ab hier gibt es auch weniger Boomschäden. Je näher wir Pondicherry kommen, umso mehr erkenne ich «mein» Indien wieder und fühle mich bald schon zu Hause. Kommt Auroville in Sichtweite, geht mir richtig das Herz auf. Welcome back home!

Inzwischen sind wir bereits mehrere Tage hier. Tagsüber ist es angenehm warm, aber nicht heiss, und abends wird es für hiesige Verhältnisse kühl. Die Einheimischen nennen das einen eher kalten Winter. Für uns, Eric und mich, ist es der ideale Einstieg in Südindien, zumindest klimatisch. Frühsommerlich würde ich es nennen.

Bei der gesamtindischen Knappheit an Bargeld – ich berichtete darüber – ist es noch ganz praktisch, dass Auroville sowieso danach strebt, bargeldfrei zu funktionieren. Als Gast, der länger als ein paar Tage bleibt, kann man sich leicht eine Aurocard besorgen, eine Art Kreditkarte für Auroville, die man beim Financial Service via eigener Kreditkarte aufladen kann. Bei dieser Gelegenheit sind auch höchstens 2’000 Rupien in bar erhältlich. Das sind knapp dreissig Franken. Und die reichen hier weit.

Kuilapallayam erfahren

Heute den ganzen Tag unterwegs: hauptsächlich in Kuillapalayam, einem Tamilendorf nahe Auroville. Heute haben wir Kuilapallayam «erfahren». Hier einige Eindrücke:

Abflug verschoben

Eigentlich wäre wir jetzt in Südindien – eigentlich … Der Flug ab Zürich nach Chennai, dem früheren Madras, an der Ostküste Südindien war auf gestern Abend geplant. Der Rückflug von Kochi, also von der Westküste Südindiens, zurück nach Zürich ist am 7. Februar 2017.

Dazwischengekommen ist der Zyklon Vardah, der unweit nördlich von Chennai mit grosser Wucht aufs Land traf, gegen zwanzig Todesopfer forderte und viel Zerstörung hinterliess. Vom Weltraum aus sieht das fast schon ästhetisch aus:

zyclon_chennai

Zudem hat der Wirbelsturm in Chennai den Mangel an Bargeld verschärft, da viele Geldautomaten wegen Stromunterbrüchen nicht mehr laufen oder – wenn sie laufen – wegen der unterbrochenen Verkehrswege nicht nachgefüllt werden können. Seit gut einem Monat herrscht in ganz Indien schon Bargeldnot, da die Regierung die 500- und 1’000-Rupien-Scheine für ungültig erklärt und damit ein Chaos ausgelöst hat.

Um Pondicherry und in Auroville, dem ersten Ziel unserer Reise, gibt es laut Auskünften von Bekannten keine Schäden durch den Wirbelsturm. Und Bargeld ist dort auch erhältlich, wenn auch nach wie vor in beschränktem Umfang.

Wir werden also mit drei Tagen Verspätung am Donnerstag, 15. Dezember, von Zürich nach Chennai fliegen und dort – wenn denn alles klappt – abgeholt werden. Trotz der Hindernisse freue ich mich drauf.

Alles Weitere später …